Zypern und ELA: Moderne Version der Geschichte vom trojanischen Pferd

Zypern hatte bis 2010 eine gut funktionierende Wirtschaft, auch wenn dies der Berliner Regierung ein Dorn im Auge war. Im Jahr 2009 kündigte Merkels damaligem Finanzminister Peer Steinbrück an, seine Kavallerie gegen unbotsmößige Finanzplätze losschicken zu wollen. Diese Ankündigung richtete sich nicht zuletzt gegen Zypern. Dieses Jahr sichert Steinbrück im Wahlkampf u.a. Merkels Attacke auf Zypern gegen Angriffe aus dem linken Parteienspektrum ab, indem er als angeblicher Kanzlerkandidat der SPD posiert und aus unerklärlichen Gründen von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen hüpft.

Kennziffern zu Zyperns Finanzposition bis 2011
Bis zum Beginn der Eurokrise waren die Kennziffern zu Staatsverschuldung und Budgetsdefizit für Zypern weitaus besser als für Deutschland. Zypern war einer der wenigen Staaten die die Maastricht-Kriterien tatsächlich eingehalten haben. Die Berliner Regierung hat dagegen das Maastrichter Kriterium der maximalen Staatsverschuldung von 60% des Bruttoinlandproduktes nicht ein einziges Mal in den vergangenen zehn Jahren eingehalten.

Ein übersichtliches Diagramm finden Sie herzu bei der BBC. Die Zahlen kommen von Eurostat, für 2012 hat die EU noch keine Zahlen veröffentlicht.

Der Schuldenschnitt für Griechenland
Dann kam der Schuldenschnitt für Staatsanleihen Griechenlands. Eurogruppe und EZB hatten hoch und heilig versprochen, keine Ansteckungseffekte zuzulassen. Auf dem EU-Gipfel Ende Juni 2012 wurde beschlossen, dass Banken der Eurozone direkt durch den ESM rekapitalisiert werden können. Eine Überbrückung bei Problemen wegen des Zahlungsausfalls Griechenlands bis zur dafür notwendigen Anpassung der ESM-Verträge sollte über das Vehikel der „Emergency Liquidity Assistance“ möglich sein. Dies stellt einen Mechanismus dar, in dem eine nationale Notenbank Kredite an strauchelnde Banken vergibt. Die betreffende Notenbank kann dies über die EZB refinanzieren. Der EZB-Rat kann aber mit 2/3-Mehrheit diese Mittel jederzeit sofort fällig stellen.

Zypern hätte in diesem Moment tun können, was bis 2008 richtig und selbstverständich gewesen wäre: Banken, die nicht mehr genügend Eigenkapital haben und auch kein neues Kaptial beschaffen können, müssen Konkurs anmelden. Sie werden dann von einem Insolvenzverwalter als Treuhänder übernommen, der zusieht, wie er den Schaden für die Gläubiger möglichst gering halten kann.

Aber der Default Griechenlands auf seine Statsanleihen geschah 2012, drei Jahre nachdem in Europa die Merkel-Doktrin verkündet worden war, dass kein Staat ein Bank in Insolvenz gehen lassen dürfe. Hinzu kam das oben genannte Versprechen des EU-Gipfels im Juni 2012.

Merkels Verlässlichkeit
Nun hat Merkel offenbar nie daran gedacht, dieses Versprechen einzuhalten. Vielmehr hat sie immer neue Bedingungen gestellt und gleichzeitig dafür gesorgt, dass diese nicht erfüllt werden können. Beispielsweise hat sie als Vorraussetzung für eine Rekapitalisierung von Banken direkt durch den ESM eine vollständig funktionsfähige europäische Bankenaufsicht zur Bedingung gemacht. Gleichzeitig hat sie sich aber geweigert, deutsche Sparkassen und Landesbanken eine tatsächliche Aufsicht durch ein EU-Organ zuzumuten.

Zypern hatte Merkel Vertrauen geschenkt
Zypern hat also den Weg gewählt, auf das Wort Merkels und der EZB zu vertrauen. Viele Kunden, besondere jene der angeschlagenen Laiki-Bank waren hier weniger vertrauensselig und haben ihr Geld aus dieser Bank und aus Zypern abgezogen. Sigmar Gabriel wird sich jetzt sicher fragen, ob im Zuge dieser Aktion nun Gelder der „Russenmafia“ in Bundesanleihen geparkt wurden, und ob man nicht deshalb auch alle Bundesanleihen mit einer einmaligen konfiszierenden Steuer belegen sollte. Sicher ist aber, dass wegen des vorrausschauenden Verhaltens vieler Kunden der beiden größten zypriotischen Banken der notwendige Betrag der Emergency Liquidity Assistance (ELA) von etwa 2 auf gut 10 Milliarden Euro gestiegen ist. Und mittlerweile wurde von Bankenunion und Bankenrekapitalisierung durch den ESM immer weniger geredet.

Der Hinterhalt
Dann kam der 15. März 2013. Ja, Schäuble haßt Murdoch sicherlich, aber ihm verdanken wir Informationen, die ARD und ZDF nicht an uns weitergeben mögen. Laut Berichten von Financial Times und Wallstreet Journal hat Merkel gegenüber dem zyprischen Präsidenten die Zustimmung zu einer kleinen Steuer auf alle Bankguthaben in Zypern zur Bedingung für ihre Zustimmung zu einem Hilfspaket gemacht, und seine Zusage erhalten. Es sollten 7,5% auf alle zyprischen Bankguthaben über 100000 Euro sein und 3,5% auf kleinere Guthaben.

Lauft Berichten von FT und WSJ soll Anastasiades dann beim Finanzministertreffen versucht haben, die Sätze noch etwas zu verändern, indem die 3,5% reduziert werden und die 7,5% erhöht werden. Schäuble und Christine Lagarde, ehemalige französiche Finanzministerin und heute Chefin des IWF sollen daraufhin dem Präsidenten Zyperns eröffnet haben, dass die Beschlagnahme der Sparguthaben insgesamt mindestens 5,8 Milliarden Euro erbringen müsse, anders sei kein Paket möglich.

Daraufhin hat der zyprische Präsident die Verhandlungen abgebrochen. Nun war die Stunde des Jörg Asmussen, ehemaliger Staatssekretärs in Schäubles Finanzministerium und heutiges Präsidiumsmitglied der EZB, gekommen. Er nahm den Präsidenten Zyperns zur Seite und erklärte ihm, dass der Laiki-Bank die ELA-Kredite noch am Wochenende fällig gestellt würden, falls Anastasiades jetzt gehe. Schließlich stimmte der zypriotische Präsident zusammen mit allen Euro-Finanzministern einer Beschlagnahme von 6,7% bzw. ab 100000 Euro 9,9% der Einlagen auf zypriotische Bankkonten zu, und zwar bei allen Banken, auch bei solchen mit allerbester Bonität.

Hier sind zwei Berichte über den Verlauf der Verhandlungen am 15. und 16. März in Brüssel:

Das Schwarze-Peter Spiel
Das erste, was ich am Samstagmorgen im Radio hörte, waren Berichte dass Schäuble jeder Verantwortung für diesen Beschluss abstritt. Er sagte, dass dies die Idee der EZB gewesen sei. Er vergaß aber zu erwähnen, dass die EZB hier durch seinen alten Kumpel Jörg Asmussen vertreten war, der sich sicherlich nicht gegen seinen alten Chef Schäuble gestellt hätte. Asmussen stritt alsbald ebenso jede Verantwortung ab.

Zypern ist aus dem fahrenden Eurozug geschubst worden
Warum wollte keiner etwas mit diesem Beschluß zu tun haben? Weil es so offensichtlich ist, dass dieses Paket keineswegs geeignet sein konnte, Zyperns Finanzprobleme zu lösen. Sinn und Zweck dieses Beschlusses kann nur gewesen sein, Zypern als Finanzzentrum zu zerstören. Denn was tut ein Bankkunde, nachdem ein Staat ihm 10 oder auch 6,7% seines Kontos enteignet hat? Er nimmt die restlichen 90% oder 93% und überweist sie so schnell es irgend geht ins Ausland. Infrage kämen hier besonders Überweisungen auf Konten in London, Zürich, New York, Singapur, geführt in Britischem Pfund, Schweizer Franken oder US-Dollar.
Daran konnte selbst die einmütige Ablehnung dieses Bankraubes im zypriotischen Parlaments nichts mehr ändern. Der notwendige ELA-Betrag ist damit von 10 Milliarden Euro auf ein sehr viel höheres Volumen gestiegen und wird in einigen Wochen vielleicht vierzig oder auch fünfzig Milliarden Euro betragen. Kein Zypriot und auch keine Bank aus Zypern wird irgendeine moralische Verpflichtung sehen, auch nur einen Cent davon wieder zurückzuzahlen. Auch die angebliche Rettung Zyperns am 24.März und der nominale Verbleib des Landes in der Eurozone konnte daran nichts ändern.

Die Banken in Zypern sind seit dem 28. März wieder offen, doch die Ausgabe von Euronoten und das Bezahlen von Rechnungen ist nach wie vor rationiert.

Schäuble und Asmussen sind seit vielen Jahren im Geschäft, und sie waren sich über diese Auswirkungen eines solchen Beschlusses sicherlich voll im Klaren.

Schattenfechten
Es gibt aber auch noch einen weiteren Aspekt dieses Beschlusses, der aufhorchen lassen sollte: Es sollten insgesamt 17 Millarden Euro aufgebracht werden, und diese sollten zur Rekapitalisierung zypriotischer Banken verwendet werden. 10 Milliarden sollten von EU und IWF kommen, vermutlich 6,7 von EU und 3,3 Milliarden vom IWF. Mit der Rekapitalisierung der Banken wären aber auch die ELA-Kreditlinien überflüssig geworden. Wenn man das nun als konkrete Finanzströme ansieht, so wären 3,3 IWF-Milliarden an die EZB zur Ablösung der ELA-Linie gegangen. 6,7 Milliarden dieser Linie wären in einen ESM-Kredit umgewandelt worden. Nach Zypern wäre nicht ein einziger Cent geflossen. Ich bin mir nicht sicher, ob USA, Großbritannien und China einer solchen IWF-Subvention für die EZB zugestimmt hätten.

Beide Argumente zusammengenommen legen nahe, dass die Beschlüsse vom 16. März von Schäuble&Friends nie ernst gemeint waren. Vielmehr war es der letzte Schubs, der Zypern faktisch aus der Eurozone hinausbefördert hat. Ein Euro in Zypern hat nicht mehr denselben Wert wie ein Euro in Frankfurt, und es gelten auch nicht mehr dieselben Regeln für den Euro in Frankfurt und in Zypern.

Zypern als Versuchskaninchen
Vielmehr war es der Beginn eines erbitterten Kampfes darum, wie das Ausscheiden eines Landes aus der Eurozone rechtlich ausgestaltet werden kann. Das Ausscheiden Zyperns wurde bereits mit dem Beschluß vom 16. März unvermeidlich, und bereits heute ist aufgrund der eingeführten Kapitalverkehrskontrollen ein Euro in Zypern nur noch dem Namen nach dasselbe wie ein Euro in Frankfurt, Paris oder Brüssel. In Wirklichkeit hat Zypern bereits jetzt eine andere Währung als die Eurozone, auch wenn deren Einheiten noch dieselben Namen tragen.

Auch der EZB war bewußt, dass bei einer Wieder-Öffnung der Banken in Zypern eine Erhöhung des ELA-Betrages um möglicherweise 30 Milliarden Euro oder mehr notwendig würde. Daher gab es auch eine Zweidrittel-Mehrheit im EZB-Rat für den Beschluß, das ELA-Programm für Zypern zu beenden, falls am 24.03. keine Einigung gefunden würde. Asmussens Ankündigung vom 15.3. hingegen war nicht vorher mit dem EZB-Rat abgestimmt. Jedenfalls wußte der Präsident von Zyperns Notenbank nichts davon, obwohl er Mitglied im EZB-Rat ist. Und laut dem Statement Barrosos bei der Pressekonferenz mit Medjedew wurden auch die andenen Euro-Regierungen nicht im Vorraus über den Hinterhalt Schäubles und Asmussens informiert*.

Wenn Zypern jedoch de facto bereits aus der Eurozone hinausgeworfen wurde, wozu braucht man dann noch eine Einigung? Das Problem entsteht, weil rechtlich ein Verlassen der Eurozone nur zusammen mit einem Austritt aus der EU möglich ist. Das ist einerseits in den Euro-Verträgen so geregelt. Andererseits ist der Austritt eines Landes aus der Eurozone nicht ohne Einschränkungen des Kapitalverkehrs denkbar. Solche Kapitalverkehrskontrollen zerstören jedoch den gemeinsamen Markt im Kern. Daher musste geklärt werden, wie mit den notwendigen Kapitalverkehrskontrollen umgegangen werden wird und ob Zypern seinen Zugang zum EU-Markt behalten kann. Bei einer sochen Diskussion ist natürlich wichtig, wer das ganze Schlamassel verursacht hat. Also waren folgende Punkte zu klären:

  • Wie kann Zypern in der EU bleiben?
  • Wie wird der nun sehr viel höhere Kapitalbedarf Zyperns gedeckt?
  • Wie können die Zyprer dazu überedet werden, weiterhin Euros als Bezahlung für ihre Leistungen zu akzeptieren, auch wenn diese das Land nicht mehr verlassen dürfen
  • Da Nordzypern in den Augen der EU zur Republik Zypern gehört, dürfen Euronoten aus Südzypern dorthin verbracht werden. Wie kann man aber die Weiterreise dieser Banknoten über die Türkei zurück nach Frankfurt verhindern?

Durch ihr Ultimatum hat die EZB die Eurostaaten und die EU-Kommission gezwungen, diese Fragen zumindest fürs Erste zu klären. Aus dieser Thematik heraus wird auch klar, warum die Verhandlungen auf der Ebene der Präsidenten der EZB, des IWF, der EU-Kommission und Zyperns geführt wurden, und den Euro-Finanzministern nur noch gestattet wurde, den öffentlichen Rahmen zu den Verhandlungen beizutragen.

Wie geht es nun weiter mit Zypern?
Zypern wird nun eine harte Zeit erleben. Aber das Land hat alles, um daraus letztlich gestärkt hervorgehen zu können. Dazu sollte man die folgende Situation sehen:
Bis auf weiteres wird Zypern nominell in der Eurozone bleiben (müssen). Da aber eine Euronote in Nordzypern mehr wert ist als in Südzypern, und in der Türkei mehr wert ist als in Nordzypern, wird sich wahrscheinlich ein kleiner Kreisverkehr ergaben, was Papiergeld betrifft: die EU fliegt Euronoten nach Nikosia. Diese wandern dann zwar gemessenen Schrittes, aber zielstrebig nach Famagusta, weiter nach Adana und dann über Istanbul und den Balkan zurück ins Euroland. Euros werden Zypern nicht einmal mehr als Urlaubsland mögen.

Wenn die Menschen in Zypern ihren Alltag neu organisieren möchten, brauchen sie also vor allem eins: ein neues Zahlungsmittel, dem sie vertrauen können und das bei möglichen neuen konfiskatorischen Fieberanfällen der Euro-Finanzminister für diese nicht erreichbar ist. Diesbezüglich gibt es drei gute Nachrichten:

  1. Die gute Nachricht ist: In Zypern gibt es die dafür notwendigen finanztechnischen und juristischen Experten. Auch die erforderliche Infrastruktur und ein verläßliches Rechtssystem sind bereits vorhanden.
  2. Die bessere Nachricht ist: auch Griechen, Italiener und Portugiesen werden diesen Service in absehbarer Zeit nutzen wollen. Bulgaren, Rumänen und Kosovaren hätten bestimmt auch ihre Freunde dran. Auch die Deutschen werden den entsprechenden Service spätestens bei ihrer nächsten Urlaubsreise liebgewinnen und diese Alternative zum Euro wird sich dann auch in Deutschland breitmachen. (Schäuble wird das als „Seuchle“ sehen, aber das sei ihm überlassen.)
  3. Und die allerbeste Nachricht ist, dass diese Lösung längst dem Probelauf entwachsen ist. Das voll funktionsfähige System ist Eigentum einer in der EU ansässigen Firma, nämlich von Vodaphone. Das Zauberwort heißt M PESA und Vodaphone benötigt vermutlich keinen ganzen Monat, um einen solchen Service in Zypern auszurollen. Durch eine Kooperation mit Dienstleistern wie Paypal wäre vermutlich nicht einmal eine eigene Banklizenz notwendig.

Fußnote
* Barroso in Moskau laut EU-Observer vom 21.03.13 „Regarding the conclusions of the last Eurogroup [euro finance ministers, who drew up Plan A], Russia was not informed because the governments of Europe were not informed – let’s be completely open and honest about that issue. There was not a pre-decision before the Eurogroup meeting. The Eurogroup meeting concluded, I think, in the very early hours of Saturday and the decision was the result of a compromise,“

Die Krise Europas

Merkel und Sarkozy sollten Papandreou auf den Knien danken. Warum: Die Krise Europas ist so weit gediehen, dass sich Europa ja in Gestalt des ESFS 1000 Milliarden Euro leihen will, Mitte der Woche noch nicht einmal in der Lage war, sich 3 Milliarden Euro zu leihen. Und dank Papandreou hat’s keiner gemerkt. Dennoch:Ist Europa so arm geworden? Nein, aber die Glaubwürdigkeit der europäischen Politiker in der Welt ist so tief gesunken.

Warum war die Antwort der Anleihe-Märkte und der G20 so negativ?

Es gibt dafür mehrere Gründe:

  1. Es gibt noch immer keine gemeinsame europäische Wirtschafts- und Industriepolitik. So versucht z.B. die Berliner Regierung Strompreise für die deutsche Industrie zu subventionieren, und Elektrizität aus der Sahara durch Spanien und Italien nach Deutschland zu leiten. Das soll geschehen obwohl energie-intensive Industrieproduktion auch in Spanien, Portugal und Griechenland angesiedelt werden könnte, erneuerbare Energien dort weitaus günstiger erzeugt werden können als in Deutschland und die Arbeitslosigkeit immens ist. Als Sahne-Häubchen europäischer Solidarität dienen dann Programme, die versuchen einen Brain Drain aus den Mittelmeer-Ländern in Richtung Deutschland zu initiieren.
  2. Europa als Ganzes hat derzeit immer noch das Geld, um die bis jetzt aufgelaufenen finanziellen Ungleichgewichte selbst auszugleichen. Allein es fehlt der politische Wille. Was sind aber finanzielle Garantien ohne diesen politischen Willen wert?
  3. Der erzwungene Forderungsverzicht privater Gläubiger Griechenlands hat ein Beispiel gesetzt, wie man Credit Default Swaps und andere Garantien aushebeln kann, indem man die Auslöser manipuliert. In den Papieren für die ESFS-Garantien wird nicht klar definiert, unter welchen Bedingungen die Garantien greifen und wer den Garantiefall im Einzelfall ausruft. (Siehe „Approaching the Italian endgame“, FT 3.11.11)

Die Antwort auf die Reise von Klaus Regling nach China und beim Gipfel in Cannes war: Ihr Europäer habt alles, was Ihr braucht um Euch selbst zu helfen. Wenn Ihr das jedoch nicht wollt, wird unser Geld die Krise Europas auch nicht lösen können. Und selbst wenn Ihr tatsächlich von uns Geld bräuchtet, würdet Ihr es allenfalls über den IWF bekommen, damit wir vor Euren Tricksereien sicher sein können.

Die Krise Europas ist eine Strukturkrise

Unabhängig von dem Verhalten des IWF, der G20 und der internationalen Finanzmärkte führt kein Weg zur Lösung der Krise an dieser Erkenntnis vorbei: Obwohl Strukturreformen in vielen einzelnen Staaten der EU notwendig sind, kommt die Lösung dieser Schuldenkrise nicht ohne eine Reform der Strukturen der EU aus. Es geht dabei aber nicht um ein Veto-Recht der Regierung in Berlin auf den Haushalt der Regierung in Rom. Viehlmehr geht es darum, dass Wirtschafts- und Finanzpolitik auf der Ebene der EU, im Interesse aller Bewohner der EU und legitimiert durch das Europaparlament betrieben wird. Es mag für die Regierungen der Nationalstaaten zwar bitter sein, diese Kompetenzen abgeben zu müssen, insbesondere für die Berliner Regierung. Denn bei einer Aufteilung der strukturpolitischen Kompetenzen zwischen der europäischen Ebene und den Regionen könnten die deutschen Bundespolitiker leer ausgehen. Somit könnte die Lösung der Krise Europas zu einem erheblichen Verlust an Macht für Frau Merkel und ihre Freunde führen. Daher kommen auch die Versuche, die Essenz des Problems mit Hunderten oder auch Tausenden von Milliarden von Euro zu ertränken. Der Schönheitsfehler ist nur, dass diese Milliarden über Steuern wieder eingetrieben werden müssen.

Erneute Rettung für Griechenland

Die zweite Rettung für Griechenland steht jetzt an. 110 weitere Euro-Milliarden sind ein hoher Preis fürs Nichtstun. Daß Griechenland nicht ohne grundlegende Veränderungen an die Kreditmärkte zurückkehren kann, war schon vor gut einem Jahr bei der Debatte über das erste Paket zur Errettung Griechenlands klar. Ich erinnere nur an die entsprechende Aussage von Joseph Ackermann, für die er so stark von den Mächtigen in Berlin gescholten wurde.
Siehe:Ackermann äußert Zweifel an Griechenland-Rettung (bei Handelsblatt.com am 13.05.2010 veröffentlicht)

Aber welche Veränderungen genau sind denn notwendig? Selbstverständlich und klar ist, dass in Griechenland selbst Verkrustungen aufgebrochen werden müssen, was ja auch massiv geschieht. Aber klar ist auch, daß dieses Problem und auch die zugehörige Lösung nicht allein in Griechenland zu finden sind. Und außerhalb Griechenlands kann ich sehr viel weniger Aktivität und Energie bei der Suche nach einer Lösung erkennen.

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Die Offiziellen in Berlin, Frankfurt, Paris etc. geben indirekt zu dass die jeweilige Rettung für Griechenland nicht nur wegen griechischen Besonderheiten notwendig wird. Sie beschwören vielmehr vier Mal pro Woche die Gefahr einer Ansteckung der Staatsschulden-Krise für Irland, Spanien und Portugal. Belgien und Italien werden zwar seltener erwähnt, aber eine Krise der Staatsfinanzierung dort könnte noch gefährlicher werden. Wenn es sich aber um ein rein griechisches Problem von Korruption und Verkrustungen handeln würde, wären dadurch weder Irland noch Spanien bedroht. Auch die deutschen Exporte nach Griechenland sind gering. Trotzdem sind die Regierungen der EU-Staaten bereit, hunderte von Milliarden Euro auf den Tisch zu legen. Wirklich nur wegen eines Problems, das ausschließlich Griechenland betrifft?

Das Problem hat in Wahrheit drei Köpfe:

  1. Dieser Aspekt darf noch offen diskutiert werden: Die EZB muss eine Geldpolitik für alle Eurostaaten machen. In vielen Fällen sind die Zinsen zu niedrig für die Einen und zu hoch für die Anderen. Und in der Praxis hat sich herausgestellt, daß sich die Geldpolitik der Eurozone in erster Linie nach den Bedürfnissen Deutschlands und Frankreichs ausrichtet. Wenn Berlin niedrige Zinsen braucht, wie in den Jahren 2001-2005, sind die Zinsen in der Eurozone niedrig. Es spiel dann auch keine Rolle, ob der Immobilienmarkt in Spanien oder Irland heiß läuft. Es spielt auch keine Rolle, wenn der griechische Staat die niedrigen Zinsen als eine unerwartete Bonanza betrachtet, und nach dem Motto „Get it, while you can take it“ beherzt zugriff. Diese Argumentationslinie wird in Deutschland oft und gerne benutzt, um die Forderung nach einer Wiedereinführung der D-Mark zu legitimieren.
  2. In Berlin ist das Interesse an gemeinsamer europäischer Politik verloren gegangen. Ein Beispiel ist die Entscheidung im Jahre 2008, daß es keine europäische „Rettung“ für das europäische Bankensystem nach der Lehmann-Pleite geben würde, sondern jeder Staat selber sehen sollte, wo er bleibt. Diese Politik wurde von Angela Merkel und Peer Steinbrück (der seinen Nachbarn mit Kavallerie droht und das auch noch spaßig findet) durchgesetzt.
    Ein weiteres Beispiel ist, daß trotz allem Gerede über eine gemeinsame europäische Energiepolitik in Berlin noch nicht einmal Konsultationen im europäischen Rahmen für notwendig gehalten wurden, bevor Merkel die schnelle Abschaltung der Kernkraftwerke in Deutschland verkündete. Mir scheint, dass die Berliner Regierung zur traditionellen preußischen Außenpolitik des Lavierens zwischen Russland und dem Westen zurückgekehrt ist. Merkel &Co. agieren jedenfalls nicht mehr als Teil des Westens, der sich in EU und NATO institutionell abbildet. Eine kleine Krise scheint Merkel hin und wieder ganz gelegen zu kommen, um bestehende Strukturen von EU und NATO auszuhöhlen. Dafür versucht sie dann informelle Machtstrukturen aufzubauen, die ihr mehr Raum zum manövrieren und intrigieren lassen.
  3. So wurde zwar viel über eine Rettung für Griechenland geredet, und noch mehr Geld dafür ausgegeben. Leider ist ob all dieser Anstrengung keine Zeit mehr dafür geblieben, eine gemeinsame wirtschaftliche Strategie für die ganze EU zu entwickeln, in der auch alle kleine Staaten am Rande ihren Platz haben. Dabei könnte Griechenland sehr viel zu einer sicheren europäischen Energieversorgung beitragen. So wurde zum Beispiel vor der Küste Israels Erdgas gefunden, was eine Suche in griechischen Seegebieten nahe legt. Auch wäre Griechenland ein interessanter Standort für die Gewinnung nachwachsender Energieträger aus dem Meer, z.B. über die Zucht bestimmter Algen, die zu Treibstoff verarbeitet werden können. Stattdessen wurden in „Kerneuropa“ Projekte in Gang gesetzt, mit denen Sonnenenergie aus der Sahara als Elektrizität nach Deutschland geleitet werden soll. Sie soll unter anderem dafür genutzt werden, in Deutschland Bleche in Auto-Türen zu verformen. Ob es nicht sinnvoller wäre, solche Fabriken in Portugal oder auch in Marokko aufzubauen?
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Bereits explodiert: Das vierte Gesicht des Problems

Es gab noch einen vierten Aspekt bei der Inszenierung einer Rettung für Griechenland. Dieser Teil des Problems hat sich jedoch inzwischen von selbst erledigt. Es sollte unter allen Umständen die Doktrin aufrecht erhalten werden, dass Staatschulden, zumindest in Europa, risikolos seien. Regierungen in Paris, Berlin, Rom, Madrid und anderen Städten fürchteten nämlich, daß Anleger ihre Schulden, Vermögenswerte, Einnahmen und Ausgaben einmal unter die Lupe nehmen könnten. Das geschieht mittlerweile, und es ist das Ende des wunderbaren Zeitalters, in dem die Regierungen großer europäischer Staaten nur mit dem Finger schnippen mussten, um quasi unbegrenzte Finanzmittel zu mobilisieren.
Viele Wähler in Deutschland fragen sich bis heute, wo Merkel und Steinbrück die 750 Milliarden Euro versteckt hatten, die sie im Jahr 2008 innerhalb von wenigen Tagen für den sogenannten „Rettungsschirm für Banken“ mobilisiert haben. Diese Wähler wissen nicht, daß dieses Duo damals nur ein paar Zettel genommen und ein paar Zahlen darauf geschrieben habt. Merkel glaubt bis heute, damals super clever gehandelt zu haben. Aber Schäuble wischt sich ab und zu den Angstschweiß von der Stirn, wenn er daran denkt, daß ihm als Finanzminister eines Tages diese Zettel zur Einlösung der darauf gekritzelten Versprechungen präsentiert werden könnten.
Heute ist die Illusion vom Staat ohne finanzielle Grenzen gründlich geplatzt, und die Menschen wissen, dass im Zweifel auch der allergrößte Staat pleitegehen kann. Daran ändert auch die Frage nichts, ob ein Staat zur Vertuschung neue kreative Worthülsen erfindet oder die Wahrheit einfach Wahrheit sein lässt. Daher steht diese Zettel-Methode bei der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands heute nicht mehr so einfach zur Verfügung.

Schlussfolgerung
Eine Rettung für Griechenland wurde notwendig, weil sich der griechische Staat nicht zu einer funktionierende ökonomischen Strategie durchringen konnte, und auch die EU keine gemeinsame ökonomische Strategie entwickelt hat, die jedem einzelnen Mitgliedsland eine Zukunft in Wohlstand ermöglicht. Deshalb kann Griechenland aller Wahrscheinlichkeit nach seine Schulden nicht komplett zurückzahlen und wäre schon jetzt ohne Gelder von EU und IWF ein gescheiterter Staat. Andererseits liegt die Lösung nicht in einer Entschuldung Griechenlands alleine. Ob man bei einer Entschuldung an einen teilweisen Schuldenerlass oder an eine Übernahme eines Teils der Schulden durch die EU als Institution denkt, spielt keine Rolle. Eine von beiden Möglichkeiten wird unausweichlich sein, wie auch Axel Weber bestätigt. Aber keine von beiden Optionen macht Sinn, bevor es ein funktionierendes Geschäftsmodell für eine neue griechische Wirtschaft im Rahmen der EU gibt. Und ein solches Modell wird es nicht geben, bevor nicht in den EU-Rat ein Geist zurückkehrt, der nach gemeinsamen Lösungen für gemeinsame Probleme sucht. Man könnte daraus folgern, daß eine Entschuldung Griechenlands nicht vor einer Ablösung Merkels sinnvoll sein wird.

Eurobonds

Was sind Eurobonds?
Der Begriff Eurobonds bezeichnet zunächst verbriefte Anleihen einer europäischen Institution. Das könnte die EU-Kommission sein, oder auch eine Europäische Finanzagentur. Eine solche Agentur könnte auch, sollten es die beteiligen Politiker so wollen, als „Europäischer Währungsfond“ getauft werden. Denkbarer Rahmen wäre die ganze EU oder auch nur die Euro-Gruppe

Europäische Steuern
Es gibt dabei jedoch ein kleines Problem: Das Versprechen der Rückzahlung von Staatsanleihen basiert auf zukünftigen Steuereinnahmen des betreffenden Staates. Es gibt aber keine Institution auf europäischer Ebene, die Steuern eintreiben kann, oder auch nur das Recht hätte, Steuern zu erheben.
Für Eurobonds als Quasi-Staatsanleihen müssten also zunächst eine von zwei Bedingungen erfüllt werden: Entweder müsste die EU das Recht erhalten, Steuern zu erheben, oder die Anleihen müssten von den beteiligten Staaten garantiert werden.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Merkel eine solche Blanko-Garantie mit unbegrenzter Geltungsdauer abgeben wollte oder auch nur könnte. Ein EU-Aufschlag auf die Mehrwertsteuer wäre dagegen technisch leicht machbar. Und er würde auch nicht automatisch eine Steigerung der Staatsquote in den EU-Staaten mit sich bringen, da sich ja im Gegenzug die Beiträge der nationalen Regierungen zum EU-Haushalt reduzieren könnten.

Ausgestaltung und Auswirkungen von Eurobonds
Ich will für diesen Artikel einmal annehmen, es könnte entweder Garantien oder ein Besteuerungsrecht der EU zur Absicherung von Eurobonds geben. Wie könnten solche Bonds dann ausgestaltet werden, und wie würde sich das auf das Leben in Europa auswirken?
Zur Ausgestaltung von Regeln rund um Eurobonds mit dem Ziel, die Eurokrise zu entschärfen, wurden u.a. von dem Vorsitzende der Euro-Gruppe Jean-Claude Junker Regeln ins Gespräch gebracht, die in die folgende Richtung gehen:

  1. Teilnehmende Staaten, die einen Teil ihres Staatshaushaltes mit Hilfe europäischer Institutionen finanzieren möchten, verpflichten sich, eigene Staatsanleihen nur dann auszugeben, wenn in den entsprechenden Verträgen die der Vorrang von Forderungen der europäischen Finanzagentur vor diesen dann nachrangigen Bonds festgeschrieben wird.
  2. Die Gläubiger solcher nachrangigen Bonds erhalten jedoch das Recht, diese gegen Bonds der europäischen Finanzagentur einzutauschen, wenn die Hälfte der Laufzeit verstrichen ist. Bei einem solchen Umtausch gäbe es einen Abschlag des Nennwertes entsprechend der dann herrschenden Bedingungen am Markt (z.B. dem Preis von Credit Default Swaps auf die getauschten Wertpapiere), und die umgetauschten Papiere würden zu den für die europäische Finanzagentur gültigen Zinsen ausgegeben.
  3. Unter diesen Bedingungen können die beteiligten Staaten bis zu 50% ihres jeweiligen Bruttoinlandproduktes (BIP) an Krediten aufnehmen. Diese refinanziert sich an den Kapitalmärkten durch die Ausgabe von Eurobonds und berechnet einen Zinsaufschlag von 50 bis 100 Basispunkten wenn sie das Geld weiter verleiht. Sie nutzt diesen Aufschlag um ihre Kosten zu decken, und um eine Reserve anzulegen, die wiederum ihre Bonität erhöht und somit zu niedrigeren Zinsen am Markt für Eurobonds führt.
  4. Wenn der Schuldenstand eines Staates bei der Europäischen Finanzagentur 45% des Bruttoinlandsproduktes übersteigt, werden Verhandlungen zwischen der betroffenen Regierung und der Europäischen Finanzagentur aufgenommen, um das Problem zu entschärfen. Wenn der Schuldenstand eines Landes bei der Europäischen Finanzagentur auf 55% oder mehr des BIP steigt, z.B. weil Besitzer von direkten Staatsanleihen des betroffenen Staates diese gegen Eurobonds eintauschen, bedarf der Staatshaushalt des betreffenden Landes der Genehmigung der Europäischen Finanzagentur. Das würde den Verlust eines Kernbestandteiles der Souveränität des betreffenden Staates mit sich bringen, und wäre somit ein starker Anreiz, großen Abstand von dieser Schwelle zu halten.

Auswirkungen auf Europa:
Mit einem solchen System würde ein breiter und tiefer Markt für Eurobonds geschaffen, der vermutlich 40% oder mehr des Bruttoinlandsproduktes der Euro-Staaten ausmachen würde. Dieser Markt wäre super liquide und von hervorragender Bonität. Daraus könnte sich endlich wieder eine Messlatte ergeben, die man für die Festlegung der Eigenkapital-Anforderungen kommerzieller Banken nutzen könnte. Die offensichtlich willkürliche Notlüge, dass alle Staatsanleihen automatisch risikolos seien, wäre nicht mehr notwendig. Das europäische Bankensystem könnte auf diese Weise seine Glaubwürdigkeit wieder erlangen.

Auswirkung auf die notleidenden Euroländer
Länder wie Griechenland könnten ihre Handlungsfähigkeit zurückgewinnen. Dank der Eurobonds könnten sie auch nach einem Zahlungsausfall bei ihren vorhandenen Schulden noch weiter funktionieren. Daher können sie einen Teil ihrer Kreditlinie bei der Europäischen Finanzagentur dazu verenden, um ihren aktuellen Gläubigern einen Vergleich anzubieten: Eine Ablösung der bestehenden Schulden durch eine Einmalzahlung in Höhe von vielleicht 25% oder 30% des Nennwertes. Diese Zahlung könnten Sie durch die Kreditlinie bei der Europäischen Finanzagentur leisten. Die Verschuldung ließe sich damit auf weniger als 50% des jeweiligen BIP reduzieren, und die Zinslast würde zusätzlich sinken, weil die Verzinsung der Schulden bei der Europäischen Finanzagentur auch bei einem Aufschlag von 100 Basispunkten auf den Zinssatz der Eurobonds niedriger wäre als die Zinsen, die sie jetzt bezahlen müssen. Damit bekämen die jetzt eingeleiteten Sanierungsprogramme dieser Staaten eine echte Aussicht auf Erfolg.

Auswirkungen solcher Eurobonds auf Deutschland
Da Deutschland theoretisch nicht gezwungen wäre, Schulden über die Europäische Finanzagentur zu machen, müsste es auch den Zinssatz für Eurobonds plus 100 Basispunkte nicht bezahlen. Allerdings würden die Zinsen für Bundesanleihen steigen. Nicht dass sich die Bonität des deutschen Staates verschlechtern würde, diese würde sich eher verbessern. Vielmehr bekämen die Anleger eine Möglichkeit, statt Bundesanleihen ebenfalls risikoarme Eurobonds zu kaufen. Ich bin sicher, dass Bundesanleihen im Moment nicht vor allem aus dem Grund gekauft werden, dass sie von Anlegern geliebt werden. Vielmehr kaufen Anleger Bundesanleihen, weil sie andere Anlagen noch mehr hassen als die Möglichkeit, ihr Kapital dem deutschen Staat zu einem realen Zinssatz (Rendite minus Inflationsrate) von weniger als einem Prozent zur Verfügung zu stellen. Merkel und Schäuble mögen zwar diese augenblickliche Situation genießen, jedoch kann sie nicht von Dauer sein.
Im Gegenzug könnte aber die Bundesregierung dem Zwang entfliehen, im Endeffekt zusammen mit einer Handvoll weiterer Staaten praktisch alle Schulden aller Eurostaaten zu garantieren. Das ist ein großes Plus. Am Beispiel Irland konnte man vor einigen Wochen besichtigen, wohin es führt, wenn ein an sich finanziell kerngesunder Staat Garantien abgibt, die er nur einlösen kann, solange das niemand von ihm fordert.
Merkel würde allerdings mit einem System aus Eurobonds und einer Europäischen Finanzagentur die Möglichkeit einbüßen, als Macholine über Ihr Vetorecht bei immer neuen „Rettungsaktionen“ anderen Regierungen politische Bedingungen zu stellen.

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Spiel mit dem Feuer

Super-Clever
Mir scheint, daß es einige Damen und Herren auf der Ebene der Staats-und Regierungschefs der EU gab, die sich besonders clever vorkommen. Sie glauben, ein kontrollierter Brand könnte ihnen helfen, die EU zu dominieren.

Die Methode:
Mit einer Diskussion, die impliziert, daß der europäische „Rettungschirm“ nicht über die drei Jahre hinaus verlängert wird, und daß EU-Staaten ihre Schulden nicht vertragsgemäß zurückzahlen müssen, wenn ihnen das Probleme bereitet („Kreditgeber an den Rettungskosten beteiligen“) könnte man eine neue begrenzte Eskalation der europäischen Schuldenkrise erreichen.

Das Ziel:
Man könnte damit QE2 der FED beantworten und ein Steigen des Eurokurses gegenüber dem Dollar in Grenzen halten. Gleichzetig könnte man Irland zwingen, Steuern auf Einkommen und Unternehmensgewinne zu erhöhen, ein lang gehegter Traum.

Das Feuer:
Die Iren können „nein“ sagen, denn sie brauchen im Moment kein Geld. Dann müssten Merkel und Sarkozy versuchen, die EZB zu zwingen, den irischen Banken den geldhahn zuzudrehen. Trichet könnte im Zweifelsfall diesem Vorschlag aber auch hinsichtlich West-LB und HRE folgen. Beide haben – im Gegensatz zu den irischen Banken – nicht einmal ein funktionierendes Geschäftsmodell.

Der Brandbeschleuniger:
FED und Bank of England könnten, direkt oder indirekt, irische Banken gegen den Willen der Euro-Riesen stützen und damit Irland ermöglichen, aus der Euro-Zone auszubrechen.

Der Unterschied
Irland war vor der Finanzkrise wirtschaftlich gesund und hat grundsätzlich eine funktionierende Wirtschaft. Das Problem der irischen Staatsfinanzen stammt aus der Dummheit einer einzigen Nacht, in der die irische Regierung erklärt hat, daß sie die Verbindlichkeiten sämtlicher Banken in Irland unbegrenzt garantieren würde.
Bei anderen Staaten in der Eurozone liegen die Probleme tiefer.