Neben allen politischen und ökonomischen Problemen hat die Krise des Euro auch eine spirituelle Dimension: Die Währung, die ja eine reine Papierwährung ist, und deren Wert ausschließlich auf der Glaubwürdigkeit ihrer Institutionen beruht, soll ausgerechnet an der Stelle verankert werden, wo die Frankfurter Juden zwischen 1941 und 1945 von der deutschen Regierung zusammengetrieben wurden, und von wo aus sie dann in die deutschen Tötungsfabriken in Osteuropa abtransportiert wurden.
Nun ist den Planern die Geschichte des neuen EZB-Domizils ja nicht verborgen geblieben. Sie sind jedoch zu der Überzeugung gekommen, dass sie sich von der Energie der Verzweiflung der Opfer, und der Energie des Zynismus der Täter durch eine Gedenkstätte abschirmen können.
Die Abfolge der Ereignisse legt nahe, dass ein solcher Schutzschirm bitter nötig sein wird: Die endgültige Baugenehmigung wurde am 6. Mai 2008 erteilt, und schon am 18. September desselben Jahres konnte ein Kollaps des Euro nur durch einen Kredit der Notenbank der USA über hundertzehn Milliarden Dollar verhindert werden.
Der deutsche Staat und die Öffentlichkeit in Deutschland sehen solche Gedanken zwar als abgehobenes Hokuspokus. Schließlich hat man über mehr als 50 Jahre nichts dabei gefunden, die Versorgung der Frankfurter mit Obst und Gemüse durch diese Keller der Großmarkthalle zu führen.
Ich jedoch erwarte, dass so manches europäische Land in einigen Jahre froh wird, weil seine Währung nicht vom Vertrauen in eine Institution abhängt, deren Turm aus diesem Keller wächst.