Flüchtlingskrise – Merkels Quadratur des Kreises

Flüchtlingskrise definiert griechische Nordgrenze als Südgrenze des Merkel-Reiches

Langsam hat Merkel die Kontrolle in der Flüchtlingskrise zurückgewonnen. Die Grenzen werden wieder kontrolliert, und nur noch die Flüchtlinge werden durchgelassen, die man haben will. Allerdings findet die Kontrolle  nicht innerhalb Deutschlands oder der EU statt, und rechtsstaatliche Standards sind nicht ersichtlich.

Die Kontrolle findet nämlich wie im EU-Vertrag vorgesehen an der Außengrenze des Schengen-Gebietes statt, nämlich an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien. Allerdings fallen die Entscheidungen auf der mazedonischen Seite, und damit außerhalb des Gebietes in dem EU-Recht gilt. Dabei fällt in der allgemeinen Aufregung kaum auf, dass nach diesem neuen Reglement nicht Menschen an der Einreise in das Schengen-Gebiet (in diesem Fall Griechenland) sondern wie weiland in der DDR an der Ausreise aus dem Schengen-Gebiet gehindert werden.

Informelle Machtstrukturen ohne parlamentarische oder gerichtliche Kontrolle werden etabliert

Und nicht die griechische Regierung entscheidet, wer Griechenland verlassen darf, sondern eine nicht näher beschriebene Frontex-Mission die auf dem Balkan-Gipfel im Oktober beschlossen wurde.

Letztlich hat Griechenland unter der Drohung, aus dem Schengen-Gebiet ausgeschlossen zu werden, zugestimmt dass Frontex in Zusammenarbeit mit der Mazedonischen Grenzpolizei entscheiden darf, wer Griechenland Richtung Mazedonien verlassen darf, und wer in Griechenland bleiben muss. Syrer, Afghanen und Iraker dürfen derzeit durch, Griechen vermutlich auch.

Aber wie entschieden wird, welcher ehemalige Einwohner von Damaskus Syrer ist, und wer Palästinenser ist, oder welche Paschtunen Afghani sind, und welche Paschtunen Pakistani sind, das bleibt im Dunkeln. Es gibt auch kein Rechtsmittel dagegen, wenn auf diese Weise ein von Boko Haram verfolgter Afrikaner daran gehindert wird, in Deutschland einen Asylantrag zu stellen

Deutlich wird jedoch, dass hier an den Institutionen der EU vorbei eine informelle Entscheidungsstruktur etabliert wurde, deren Fäden allem Anschein nach im Berliner Kanzleramt gezogen werden.

So darf man also sagen: Merkel hat die südliche Grenze Ihres Reiches als die Nordgrenze Griechenlands definiert und eine „zivile Mission“ hat mit Unterstützung des Frontex-Systemes die Kontrolle über diese Grenze übernommen. Gleichzeitig wurde jede rechtsstaatliche Kontrolle über die Anwendung des Asylrechts im Merkel-Reich ausgehebelt.

Das alles hat Sie geschafft, ohne sich die Finger schmutzig zu machen. Sie hat sich als die „Große Gütige“ dargestellt, und Victor Orban sowie die Griechen, Mazedonier, Kroaten und Slowenen die Drecksarbeit machen lassen.

Das Schengen-System ist für lange Zeit nicht mehr funktionsfähig 

Gleichzeitig hat Merkel zugelassen, dass durch die Flüchtlingskrise eine unbekannte Anzahl unbekannter Personen in das Schengen-Gebiet einreisen konnten. Dies führt zwangsläufig dazu, dass Grenzkontrollen im Schengen-Raum auf lange Sicht wieder zur Normalität werden wird, und dass ein engmaschiges Netz der Massen-Überwachung über Europa gespannt werden wird, um eventuelle Illegale aufzuspüren. Da man nicht weiß, wie viele gekommen sind, ohne sich dem Prozess der Erkennungsdienstlichen Behandlung auszusetzen, gibt es auch keinen Punkt, an dem man sagen könnte: „Jetzt sind alle gefunden“.

Neue Grenzkontrollen als Voraussetzung für die Zerschlagung des Euro

Dadurch ergibt sich die Legitimation, ein System der Grenzkontrollen an den Landgrenzen, den Flughäfen und in den Zügen neu zu etablieren.

Dieses System der Barrieren gegen die Reisefreiheit der Menschen wird aber auch gebraucht, wenn man einzelne Länder aus dem Euro kicken will, bzw. den Euro komplett zum Platzen bringen will. Man muss nur darüber nachdenken, was die rationale Reaktion der Menschen in Griechenland auf einen Ausschluss aus dem Eurosystem und dem damit verbundenen Zusammenbruch der gesamten wirtschaftlichen Aktivität inklusive aller öffentlichen Dienstleistungen wäre: Die Menschen würden in den Norden Europas kommen, versuchen dort einen Job zu bekommen. Viele würden hier Sozialleistungen beantragen, und viele würden sich gar nicht registrieren und schwarz arbeiten. Das würde in Deutschland zu einer Revolution von Rechts führen.

Neu eskalierende Eurokrise als offizieller Gründungsakt des Merkel-Reiches

Wir dürfen also getrost erwarten, dass entsprechend der bekannten Methode Merkels nach der Flüchtlingskrise und der Etablierung des neuen Systems der Barrieren gegen Migration die Eurokrise wieder hochkocht. Bei Griechenland ist die Bruchstelle ja bereits eingebaut, da die Einbindung des IWF noch nicht geregelt ist, und die angestrebten Privatisierungserlöse auch sehr fraglich sind. Aber man könnte dann auch die ganze Reihe der Dominosteine umwerfen und die mediterranen Länder „mit großem Bedauern“ aus dem Euro fallen lassen. Die Grenze des dann verbleibenden Restes der Eurozone könnte die Westgrenze des Merkel-Reiches markieren.

Die Nordgrenze des Merkel-Reiches wäre die Ostsee, und der östliche Nachbar wäre Putin.

 

 

Design für Europa by Angela Merkel

Ich will hier nicht über die moralischen Implikationen der erneuten „Rettung“ Griechenlands reden. Auch die finanziellen Risiken sind heute nicht mein Thema.

Vielmehr möchte ich beleuchten, was das Verhalten von Merkel und Schäuble über die politischen Prioritäten und Absichten der Berliner Regierung aussagt.

Zwei Punkte zum Nachdenken

Dabei möchte ich zunächst einmal Ihre Aufmerksamkeit auf zwei Aspekte lenken:

  1. Merkel und Schäuble haben Ihre Verhandlungsziele vorher veröffentlicht und sind danach nicht einmal einen Handbreit davon abgewichen. (Hier ist das Schäuble-Papier im PDF- Format)
  2. Merkel und Schäuble haben Tsipras nicht etwa nur mit dem Ausschluss aus dem Eurosystem gedroht, sondern letztendlich mit der Zerstörung des griechischen Finanzsystems und der vollständigen Abtrennung Griechenlands vom internationalen Zahlungsverkehr. Das würde bedeuten, keine Überweisung mehr nach Griechenland, keine Rechnung an einen ausländischen Lieferanten einer griechischen Firma kann mehr bezahlt werden, keine Kreditkartenzahlung mehr in Griechenland oder mit griechischen Karten weltweit.
Das vorher veröffentlichte Endergebnis der Verhandlungen

Es ist durchaus ungewöhnlich, dass ein Teilnehmer an einer Verhandlung seine Positionen vor Beginn veröffentlicht. Wenn er seine maximalen Forderungen veröffentlichen würde, könnte ich das noch verstehen. Aber die Linie vor Beginn der Verhandlungen zu veröffentlichen, von der er bis zum Endergebnis nicht abzuweichen bereit ist?

Was kann eine eine solche Veröffentlichung bewirken? Die Absicht kann nur gewesen sein, für jeden klar und deutlich zu dokumentieren, dass man in der Lage war, das Verhandlungsergebnis alleine und im Voraus zu bestimmen, dass also in Wirklichkeit gar nicht verhandelt wurde, sondern ein Diktat entgegengenommen wurde.

Wer sollte dadurch gedemütigt werden? Griechenland? Griechenland und Tsipras haben bereits dadurch vollständig ihr Gesicht verloren, dass sie einem Ergebnis zugestimmt haben, welches nur wenige Tage zuvor in einem Referendum mit einer Mehrheit von über 60 Prozent abgelehnt worden war. Nein, diese Veröffentlichung war nicht gegen Griechenland gerichtet.

Die Vorveröffentlichung hat für jeden sichtbar dokumentiert, wie wenig eine Koalition selbst aus der EU-Kommission, dem IWF, Frankreich und Italien im Rahmen der Eurozone ausrichten kann. Merkel wollte damit ein für alle mal auch öffentlich klar machen, wer der Herr im Hause Euro ist.

Der zweite Punkt, nämlich die konsequente Zerstörung des griechischen Finanzsystems mit der Konsequenz, dass das Land vom internationalen Finanzsystem abgeschnitten wird, war dann ein Exempel, was passiert, wenn es jemand ernstlich wagt, sich Merkel zu widersetzen.

Schäuble hat dies noch mehr auf den Punkt gebracht, indem er die Amerikaner herausforderte, doch die Griechen über das Dollar-System wieder an das globale Finanzsystem anzubinden. Die Begleitmusik zu Schäubles „Scherz“ waren dann angebliche neue „Enthüllungen“ über die NSA. Diese Enthüllungsartikel, deren Überschriften durch die Substanz im Text darunter nicht gedeckt werden, stellen eine impliziten Drohung dar, im Zweifelsfall auch die NATO als Institution anzugreifen.

Man darf also getrost davon ausgehen, dass dieser Sonntag in der Essenz eine Machtdemonstration Merkels war, darauf gerichtet jeden Widerstand in der Eurozone gegen ihren Machtanspruch als Kaiserin der EU im Keim zu ersticken. Dass ich nicht der einzige mit dieser Wahrnehmung bin sehen Sie in diesem Blog-Post des Ökonomie-Nobelpreisträgers  Paul Krugman.

Kampf gegen ISIS hat für Merkel keine Proirität

Die Alternative, vor die Merkel den griechischen Premier Tsipras stellte, war:

  1. Vollständige und bedingungslose Unterwerfung oder
  2. Vollständige Zerstörung der staatlichen, ökonomischen und sozialen Strukturen in Griechenland.

Nun konnte Merkel nicht sicher sein, das Tsipras die Kapitulation unterschreiben würde, und kann sich bis heute nicht sicher sein, dass er in der Lage ist, Ihre Bedingungen in Griechenland durchzusetzen. Also müssen wir auch darüber nachdenken, was ein Tod der griechischen staatlichen Strukturen durch Erwürgen für Folgen hätte.

Es ist offensichtlich, dass Griechenland dadurch zu einer Operationsbasis für ISIS und Hisbollah werden würde, abgesehen von einem durchaus wahrscheinlichen Bürgerkrieg in Griechenland zwischen Nazis und Linken.

ISIS würde dadurch die Möglichkeit erhalten, über Griechenland sich im Balkan festzusetzen, also besonders im Kosovo, Albanien und Bosnien. Sie würden gleichzeitig in die Lage kommen, Griechenland als Versorgungsroute und Aufmarschbasis für Aktionen in Libyen, Ägypten und auch Italien zu nutzen. Das gesamte östliche Mittelmeer würde destabilisiert werden.

Anscheinend ist das ein Preis, den Merkel für ihre Hegemonie in der EU zu bezahlen bereit ist.

Neue Struktur der EU

Es ist gänzlich offensichtlich, was dies für die EU-Mitglieder Zypern, Malta und Italien, perspektivisch auch für Frankreich, Spanien und Portugal bedeuten würde: Destabilisierung, Zerstörung der Tourismusindustrie, keinerlei neue Investitionen und noch weiter verstärkter Brain Drain. Als Kern der Eurozone stünden dem gegenüber die Gebiete, die 1914 von den Kaisern in Berlin und Wien beherrscht wurden, plus die Benelux-Staaten und möglicherweise Dänemark und Finnland.

Im Osten würde es eine relativ scharfe Abgrenzung der Einflusszonen mit Russland geben. Merkel und Putin müssen darauf bedacht sein, dass keine andere Macht, also weder USA noch China nennenswerten Einfluss in Osteuropa gewinnen kann. Deshalb werden beide versuchen, den Zugang vom Schwarzen Meer aus nach Osteuropa auf Dauer zu versiegeln.

Daher darf man davon ausgehen, dass die Auseinandersetzungen in der östlichen Ukraine sich bald bis nach Odessa ausweiten werden.

Die USA sind die einzigen, die der Erpressung und Marginalisierung der Mittelmeerländer durch Merkel verhindern könnten, und die auch einem Versuch der Aufteilung Osteuropas zwischen Deutschland und Russland etwas entgegensetzen könnten. Der aktuelle US-Präsident hat jedoch bereits mehrfach gezeigt, dass er den Willen und die Kraft, sich in Europa und dem östlichen Mittelmeerraum durchzusetzen oder auch nur ernsthaft zu engagieren, nicht aufbringt.

Zeitfenster für Merkels Plan bis Herbst 2017

Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass es ab 2017 wieder einen Präsidenten in den USA geben wird, dessen Vater noch im 2. Weltkrieg gegen den deutschen Anspruch, Europa zu dominieren sein Leben riskiert hat, und für den die Absprachen im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung noch keine Makulatur sind.

Daher werden Putin und Merkel versuchen, bis Ende 2016 neue und klare Realitäten in Europa zu schaffen

Griechenland und Merkel

Die Griechenland-Krise ist wieder hochgekocht, und damit auch die Euro-Krise. Doch diesmal geht es nicht mehr um panische Schadensbegrenzung, koste was es wolle. Es geht um eine strategische Weichenstellung. Ich will mal kurz die gegenwärtige Situation analysieren und mit der Situation 2011/2012 vergleichen.

Griechenland war und ist insolvent. Es gab 2012 keinen Weg für Griechenland, seine Schulden komplett zurückzuzahlen, und diesen Weg gibt es heute noch viel weniger. Im schlimmsten Fall könnte Griechenland jedoch nach einem Ausscheiden aus der Eurozone ohne funktionierendes Bankensystem und damit auch ohne funktionierende Staatsverwaltung dastehen – also das erste offizielle Mitglied der Vereinigung der gescheiterten Staaten auf europäischem Boden werden.

Dieses Szenario wurde bisher vermieden. Berlin und seine Verbündeten haben jedoch einen Preis dafür verlangt: die Aufgabe der staatlichen Souveränität Griechenlands. Sie verlangen von Griechenland den Aufbau einer Verwaltung nach letztlich preußischem Muster, kontrolliert von ausländischen Beamten die dem griechischen Parlament und der griechischen Regierung Weisungen erteilen zu können. Vor 120 Jahren wurde ein solches Arrangement Kolonisierung genannt.

Die „Rettung“ Griechenlands verhindert eine Gesundung der griechischen Wirtschaft

Weil dieses Arrangement weder ausdrücklich vertraglich abgesichert wurde, noch durch eine militärische Besetzung untermauert wurde, muss es durch die permanente Drohung mit dem Staatsbankrott in Griechenland durchgesetzt werden. Das verhindert natürlich jede Investition mit einer Laufzeit von mehr als zwei Monaten und führt somit auch zwangsläufig zu der wirtschaftlichen Abwärts-Spirale, die wir gesehen haben.

Der vorherigen Regierung Griechenlands war zunächst ein weiterer Schuldenschnitt in Aussicht gestellt worden, sobald ein bestimmter Haushaltsüberschuss vor Zinsen und Kreditrückzahlungen erreicht worden ist. Allein schon diese Aussicht auf eine Stabilisierung hat die Rückkehr zu einem geringen Wachstum der griechischen Wirtschaft ermöglicht. Als dann aber der zuvor in Aussicht gestellte Schuldenschnitt, der auch vom IWF gefordert worden war, im vergangenen Herbst seitens der EU kategorisch abgelehnt wurde, hat der damalige Ministerpräsident Samaras vorgezogene Neuwahlen bewirkt. Diese führte zur Bildung der heutigen Regierung Zipras, mit einem ausdrücklichen Mandat die Souveränität Griechenlands wiederherzustellen. Soweit die griechische Sicht.

Griechenland und Merkels Dreisatz

Merkels Position, die von einigen anderen Akteuren geteilt wird, und der nur sehr wenige Entscheider offen zu widersprechen wagen, besteht aus einer Reihe von Sätzen, deren Bezug zueinander nicht gänzlich offensichtlich ist.

  1. Ein Scheitern des Euro bedeutet ein Scheitern der europäischen Union.
  2. Euro und europäische Union können eine Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone verkraften
  3. Wir lassen und nicht durch geopolitische Argumente unter Druck setzen


Geopolitische Konsequenzen eines Scheitern Griechenlands

Übersetzt heißt das: Die Eurozone darf nicht scheitern, aber sie wird an Griechenland auch nicht scheitern. Jedoch werden wir wenn nötig Griechenland scheitern lassen, selbst wenn dies schwerwiegende Probleme in der Außen- und Sicherheitspolitik aufwirft.

Die Frage ist nun: welche Gründe könnte es geben, ein Scheitern Griechenlands in Kauf zu nehmen, selbst wenn dies gravierende Nachteile in der Sicherheitspolitik nach sich ziehen würde? Das müssen gravierende Gründe sein, denn Griechenland mit seinen vielen Inseln erlaubt eine dominante Position im Luftraum und Seegebiet des östlichen Mittelmeeres. Was wäre wenn Griechenland aus der gemeinsamen Sicherheitspolitik der EU ausscheiden würde und etwa der russischen Marine und Luftwaffe als Basis dienen würde. Die EU würde viel Einfluss im Nahen und Mittleren Osten verlieren. Richtig bitter würde es werden, wenn Griechenland zu einem gescheiterten Staat würde, dessen Territorium von Gruppen wie Isis, Al Quaida und Hisbollah als Basis genutzt werden könnte. Diese könnten dann Waffen und Menschen fast beliebig zwischen dem Balkan, Nordafrika und Syrien hin- und herbewegen sowie den maritimen Handelsweg vom westlichen Mittelmeer über den Suez-Kanal nach Asien kontrollieren und je nach Lage auch blockieren.

Wenn Merkel nach einem Scheitern der Regierung Tsipras sich nicht auf einen von der Nato organisierten Militärputsch verlassen will, muss sie genau diese Konsequenzen einkalkulieren.Und auch ein wirtschaftlicher Zusammenbruch gefolgt von einem Militärputsch würde mit einiger Sicherheit zu einem Ausscheiden Griechenlands aus der EU und zu einer massiven Fluchtbewegung von Menschen aus Griechenland in die Rest-EU führen.

Das Finanzsystem ist gegen diesen Schock gesichert

All dies würde Merkel in Kauf nehmen, um eine Scheitern des Euro mit der möglichen Konsequenz eines Zerfalls der EU zu verhindern.

Dieser Gedanke zieht natürlich die folgende Frage nach sich: Warum und wie sollte es zu einem Scheitern des Euro führen, wenn Merkel auf die Forderungen der Regierung Tsipras eingehen würde, nämlich:

  1. einen Schuldenschnitt für öffentliche Gläubiger Griechenlands zuzulassen
  2. und dem griechischen Staat wieder seine Souveränität zurückzugeben

An einem möglichen Zusammenbruch des Finanzsystems kann es nicht liegen: Der Schock eines plötzlichen Grexits wäre für das Euro-Finanzsystem viel schwieriger zu managen als ein ausgehandelter Schuldenschnitt. Und laut Merkel kann das Euro-System einen Grexit aushalten, somit einen Schuldenschnitt allemal – soweit es das Finanzsystem angeht.

Der Grund, warum ein neuer Schuldenschnitt für Griechenland und die Rückgabe der politischen Souveränität an das griechische Volk zu einem Zerbrechen der Eurozone führen könnte, muss also woanders liegen: Nicht bei den Banken und dem Finanzsystem, sondern bei den Regierungen und dem politischen System.

Politische Ansteckungswege der Krise Griechenlands

Es gibt zwei politische Übertragungswege, über die ein Schuldenschnitt für Griechenland auf die ganze Eurozone und auf die ganze EU wirken würde:

Ursachen der Schuldenkrise liegen nicht nur bei den Schuldnerländern

Einmal wäre da das implizite Eingeständnis, dass es sich nicht nur um ein Problem Griechenlandes handelt. Vielmehr wurden die Probleme Irlands und Spaniens, aber bis zu einem gewissen Grad auch Portugals und Griechenlands dadurch herbeigeführt, dass die Geldpolitik der EZB in den Jahren bis 2007 für diese Länder viel zu locker war. Dies war dem Umstand geschuldet, dass die EZB eben nur eine Geldpolitik für die gesamte Eurozone machen kann, und diese sich an den Interessen Deutschlands und auch Frankreichs ausgerichtet hat. Und diese beiden Länder, insbesondere auch Deutschland, benötigten von 2000 bis 2006 dringend eine lockere Geldpolitik mit niedrigen Zinsen und hoher Liquidität. Diese überschüssige Liquidität führte besonders in Irland und Spanien massenhaften zum Bau von überteuerten Immobilien, die nicht gebraucht wurden. Die Regierung in Griechenland war nicht so diszipliniert wie die Spanier und Iren. Aber selbst in Griechenland wuchs die Staatsverschuldung zwischen 2000 und 2006 nicht im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, wie dieser Artikel von Frances Coppola zeigt

Beides wurde jedoch von den massiven Geldströmen in die Peripherie der Eurozone mit verursacht und jedenfalls ermöglicht. Wie ein solcher massiver Geldzufluss, selbst wenn er geschenkt und nicht geliehen ist, zu einer massiven Finanzkrise führen kann, zeigt Michael Pettis am Beispiel der französischen Reparationszahlungen an das deutsche Kaiserreich nach der französischen Niederlage von 1871.

Fehlende gemeinsame Wirtschaftspolitik

Diese Argumente können zu der Schlussfolgerung führen, dass nicht nur Fehlentscheidungen in Irland, Spanien, Griechenland und Portugal zu dem Schuldenproblem dieser Länder geführt haben, sondern auch eine nur an nationalen Interessen der stärksten EU-Mitgliedern ausgerichtete europäische Wirtschaftspolitik.

Ein Beispiel für diese fehlgeleitete Wirtschaftspolitik ist das Desertec Projekt in seiner ursprünglichen Ausgestaltung. Es sah vor, Sonnenstrom aus der Sahara über tausende von Kilomentern bis nach Deutschland zu leiten, um dort die Industrie mit Strom zu versorgen. Die Idee, die sicher der eine oder andere Spanier, Italiener und Grieche hatte, dass es besser wäre nicht den Strom über tausende von Kilometern zu leiten, sondern entsprechende Industrien am Mittelmeer anzusiedeln, konnte sich damals offensichtlich nicht durchsetzen.

Eine gemeinsame Verantwortung der gesamten Eurozone für Fehlentwicklungen in allen Euro-Ländern wurde, wenn überhaupt, nur in Sonntagsreden zu wahrgenommen. Stattdessen haben die stärkeren Länder auf Kosten der Schwächeren ihre Interessen einfach durchgesetzt. Deshalb stellt sich die wirkliche Frage so:

Entweder:

  • Ende der Währungsunion

Oder

  • gemeinsame Verantwortung für die Lösung der entstandenen Probleme
  • Schuldenschnitt für die überschuldenten Mittelmeerstaaten und auch für Irland
  • Eine gemeinsame Wirtschaftspolitik der Eurozone, die eine Lösung für die wirtschaftlichen Probleme der Mittelmeerstaaten, Jugendarbeitslosigkeit, schrumpfende Industrie etc. als wichtige Gemeinschaftsaufgabe anerkennt.

Eine Mitverantwortung Deutschlands für die Schuldenprobleme im Euroraum anzuerkennen wäre jedoch Merkels politischer Tod. Ein EU-Programm das darauf abzielt mit deutschem Geld eine Infrastruktur im Mittelmeer aufzubauen und dort einen Industriestandort zu entwickeln, der Deutschland ernsthaft Konkurrenz machen könnte, das könnte in Deutschland zu einer Revolution führen.

Dieses Dilemma könnte sich vielleicht noch für einige Zeit durch eine Politik des „rechts blinken und nach links abbiegen“ beherrschen lassen, so wie dies in den vergangenen 7 Jahren (seit 2008) auch funktioniert hat. Das geht jedoch nur für eine begrenzte Zeit, wie die diversen Verfahren der letzten beiden Jahre vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof zeigen.

Widerstand von der Deutschen Bundesbank und dem deutschen Verfassungsgericht

Das deutsche Bubndesverfassungsgericht, munitioniert mit Argumenten von Bundesbankpräsident Weidmann hat einen Beschluss gefasst, der besagt, dass das OMT-Programm der EZB der deutschen Verfassung wahrscheinlich widerspricht, weil es tatsächlich eine Finanzierung von Staatshaushalten dritter Staaten durch deutsches Steuergeld bewirkt, ohne dass das Berliner Parlament dies kontrollieren könnte. Das Bundesverfassungsgericht hat dann aber den Vorgang an den Europäischen Gerichtshof überwiesen, damit dieser entscheiden kann, ob das OMG-Programm und die Politik der EZB vom EU-Recht gedeckt wird. Sollte der Europäische Gerichtshof entscheiden, dass die Politik der EZB den europäischen Verträgen entspricht, und das deutsche Verfassungsgericht darauf beharren, dass diese Praxis mit dem deutschen Grundgesetz nicht vereinbar ist, dann ergäbe sich die logische Konsequenz, dass die EU-Verträge nicht mit der deutschen Verfassung vereinbar wären.

Das würde letzlich die Berliner Regierung verpflichten, die EU-Verträge zu kündigen, was einem Austritt aus der EU sehr nahe kommen würde.

Die Taktik in Brüssel, Frankfurt und auch Berlin ist nun, das OMT auslaufen zu lassen und dafür zu sorgen, dass das Eurosystem keine Staatsanleihen von Krisenländern mehr kauft – zumindest nicht von Ländern wie Griechenland, für deren Anleihen es keinen funktionierenden Markt mehr gibt. Damit wäre den Verfahren der Gegenstand entzogen, und sie könnten ohne Urteil beendet werden.

Wenn nun aber die EZB der griechischen Regierung eine Überbrückungsfinanzierung ermöglichen würde – und sei es über sehr kurz laufende Anleihen – dann würde das Verfahren beim deutschen Verfassungsgericht mit neuer Energie aufgeladen. Das könnte die Karlsruher Richter veranlassen, in dem Verfahren schneller ein Urteil zu sprechen, das dann praktische Konsequenzen verlangt.

Merkels Viersatz

In diesem Lichte wird aus Merkels Dreisatz ein Viersatz:

  1. Der Euro muss gerettet werden
  2. Das Eurosystem kann ein Ausscheiden Griechenlands verkraften
  3. Unausgesprochen: Einen Schuldenschnitt und eine stark an den Interessen der Mittelmeerländer ausgerichtete Wirtschafts- und Finanzpolitik würden das Eurosystem und die deutsche Innenpolitik nicht verkraften
  4. Selbst geopolitische Überlegungen können diese internen Probleme in Deutschland nicht übertrumpfen

Die Konsequenz in einem Satz
Um die Eurozone und möglicherweise auch die EU zu erhalten, muss Merkel Griechenland als Ballast abwerfen, selbst wenn dies große Probleme im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik mit sich bringt.

Das Endspiel um Griechenland

Wir nähern uns jetzt mit schnellen Schritten einem Punkt der Entscheidung über die Eurozone. Der Katalysator für diese Entwicklung ist Griechenland. Die Energie für die mögliche Explosion kommt aber aus Deutschland, Italien und Spanien. Ich will hier aber keine esoterische Analyse erstellen, sondern ein praktisch mögliches Szenario für die kommenden Wochen durchspielen.

Der griechische Staat wird in sich zusammenfallen
In meinen Augen ist der Zusammenbruch Griechenlands und anschließend sein Ausscheiden aus der Eurozone nur noch eine Frage des Wann und des Wie, nicht mehr des Ob.

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Ein Szenario für das wie:
Die Abfolge der Schritte könnte etwas variieren. Aber im Groben sehe ich folgenden Ablauf:

  • Viele Griechen räumen bereits jetzt ihre Bankkonten leer und verbringen das Geld entweder ins Ausland oder verwahren es selbst an einem sicher geglaubten Ort.
  • Schon jetzt verschieben viele Griechen ihre Steuerzahlungen, da sie vom jetzigen Staat nichts mehr erwarten und darauf spekulieren, dass eventuelle alte Forderungen letztlich auf eine neue Währung umgestellt werden
  • Unabhängig vom Ausgang der Neuwahlen am 17 Juni kann keine griechische Regierung die vereinbarten Haushaltsziele mehr erreichen. Selbst wenn ND stärkste Partei würde, könnte diese wahrscheinlich keine stabile Regierung bilden und schon gar nicht den Staatsapparat Griechenlands zwingen, sich zur Hälfte selbst abzuschaffen.
  • ESFS und IWF stellen ihre Hilfszahlungen an Griechenland ein, weil Griechenland die vereinbarten Bedingungen nicht mehr erfüllt.
  • Die griechische Regierung stellt Zahlungen von Renten und Gehälter auf selbstgedrucktes Notgeld um, da sie nicht mehr über werthaltiges Geld verfügen kann.
  • Zeitgleich bricht das Gesundheitssystem zusammen, weil Medikamente nicht mehr bezahlt werden und somit auch nicht mehr geliefert wird. Möglicherweise bricht auch die Stromversorgung zusammen, weil die staatliche Elektrizitätsgesellschaft ihre Rechnungen für Primärenergie nicht mit selbstgedrucktem Geld der Regierung bezahlen kann.
  • Besetzung von öffentlichen Einrichtungen, Aufruhr, Streik. Flüchtlingsströme.
  • EU setzt Schengen-Abkommen aus, schließt die Grenzen nach Griechenland und führt Visapflicht für Griechen ein.
  • Militärputsch in Griechenland.
  • EU-Mitgliedschaft Griechenlands wird wegen Menschenrechtsverletzungen suspendiert.

Das Zeitfenster
Zu dem Zeitpunkt der wahrscheinlich unvermeidlichen Eskalation wird letztlich durch die EU entschieden. Es ist nämlich der Zeitpunkt, an dem kein Geld mehr von der EU nach Griechenland fließt. Wann das ein wird, ist noch nicht vollends klar. Es gibt jedoch einige Anhaltspunkte:
Deutschland und Frankreich werden auf jeden Fall vermeiden wollen, daß sich die Situation in Griechenland während der Sommerferien zuspitzt. Sie werden militärische Operationen vermeiden wollen, mit denen sie eventuell gestrandete oder auch in Geiselhaft genommene Touristen zurückholen müssten.
Andererseits wäre es wahrscheinlich nur schwer und durch eine weitere große Hilfszahlung möglich, die Zuspitzung bis in den Herbst hinein aufzuschieben.
Aber es wird auch niemand eine Zuspitzung vor dem Ende der französischen Parlamentswahlen planen, da sonst eine Blockademehrheit von Rechts- und Linksradikalen im französischen Parlament in den Bereich des Möglichen rücken würde.

Vielleicht sogar noch schneller
Damit würde sich ein Zeitfenster im letzten Drittel des Monats Juni für eine Zuspitzung in Griechenland ergeben. Doch die Tatsache, dass dies alles schon so berechenbar geworden ist, kann den Kollaps des griechischen Finanzsystems und des griechischen Staates noch erheblich beschleunigen.

Erneute Rettung für Griechenland

Die zweite Rettung für Griechenland steht jetzt an. 110 weitere Euro-Milliarden sind ein hoher Preis fürs Nichtstun. Daß Griechenland nicht ohne grundlegende Veränderungen an die Kreditmärkte zurückkehren kann, war schon vor gut einem Jahr bei der Debatte über das erste Paket zur Errettung Griechenlands klar. Ich erinnere nur an die entsprechende Aussage von Joseph Ackermann, für die er so stark von den Mächtigen in Berlin gescholten wurde.
Siehe:Ackermann äußert Zweifel an Griechenland-Rettung (bei Handelsblatt.com am 13.05.2010 veröffentlicht)

Aber welche Veränderungen genau sind denn notwendig? Selbstverständlich und klar ist, dass in Griechenland selbst Verkrustungen aufgebrochen werden müssen, was ja auch massiv geschieht. Aber klar ist auch, daß dieses Problem und auch die zugehörige Lösung nicht allein in Griechenland zu finden sind. Und außerhalb Griechenlands kann ich sehr viel weniger Aktivität und Energie bei der Suche nach einer Lösung erkennen.

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Die Offiziellen in Berlin, Frankfurt, Paris etc. geben indirekt zu dass die jeweilige Rettung für Griechenland nicht nur wegen griechischen Besonderheiten notwendig wird. Sie beschwören vielmehr vier Mal pro Woche die Gefahr einer Ansteckung der Staatsschulden-Krise für Irland, Spanien und Portugal. Belgien und Italien werden zwar seltener erwähnt, aber eine Krise der Staatsfinanzierung dort könnte noch gefährlicher werden. Wenn es sich aber um ein rein griechisches Problem von Korruption und Verkrustungen handeln würde, wären dadurch weder Irland noch Spanien bedroht. Auch die deutschen Exporte nach Griechenland sind gering. Trotzdem sind die Regierungen der EU-Staaten bereit, hunderte von Milliarden Euro auf den Tisch zu legen. Wirklich nur wegen eines Problems, das ausschließlich Griechenland betrifft?

Das Problem hat in Wahrheit drei Köpfe:

  1. Dieser Aspekt darf noch offen diskutiert werden: Die EZB muss eine Geldpolitik für alle Eurostaaten machen. In vielen Fällen sind die Zinsen zu niedrig für die Einen und zu hoch für die Anderen. Und in der Praxis hat sich herausgestellt, daß sich die Geldpolitik der Eurozone in erster Linie nach den Bedürfnissen Deutschlands und Frankreichs ausrichtet. Wenn Berlin niedrige Zinsen braucht, wie in den Jahren 2001-2005, sind die Zinsen in der Eurozone niedrig. Es spiel dann auch keine Rolle, ob der Immobilienmarkt in Spanien oder Irland heiß läuft. Es spielt auch keine Rolle, wenn der griechische Staat die niedrigen Zinsen als eine unerwartete Bonanza betrachtet, und nach dem Motto „Get it, while you can take it“ beherzt zugriff. Diese Argumentationslinie wird in Deutschland oft und gerne benutzt, um die Forderung nach einer Wiedereinführung der D-Mark zu legitimieren.
  2. In Berlin ist das Interesse an gemeinsamer europäischer Politik verloren gegangen. Ein Beispiel ist die Entscheidung im Jahre 2008, daß es keine europäische „Rettung“ für das europäische Bankensystem nach der Lehmann-Pleite geben würde, sondern jeder Staat selber sehen sollte, wo er bleibt. Diese Politik wurde von Angela Merkel und Peer Steinbrück (der seinen Nachbarn mit Kavallerie droht und das auch noch spaßig findet) durchgesetzt.
    Ein weiteres Beispiel ist, daß trotz allem Gerede über eine gemeinsame europäische Energiepolitik in Berlin noch nicht einmal Konsultationen im europäischen Rahmen für notwendig gehalten wurden, bevor Merkel die schnelle Abschaltung der Kernkraftwerke in Deutschland verkündete. Mir scheint, dass die Berliner Regierung zur traditionellen preußischen Außenpolitik des Lavierens zwischen Russland und dem Westen zurückgekehrt ist. Merkel &Co. agieren jedenfalls nicht mehr als Teil des Westens, der sich in EU und NATO institutionell abbildet. Eine kleine Krise scheint Merkel hin und wieder ganz gelegen zu kommen, um bestehende Strukturen von EU und NATO auszuhöhlen. Dafür versucht sie dann informelle Machtstrukturen aufzubauen, die ihr mehr Raum zum manövrieren und intrigieren lassen.
  3. So wurde zwar viel über eine Rettung für Griechenland geredet, und noch mehr Geld dafür ausgegeben. Leider ist ob all dieser Anstrengung keine Zeit mehr dafür geblieben, eine gemeinsame wirtschaftliche Strategie für die ganze EU zu entwickeln, in der auch alle kleine Staaten am Rande ihren Platz haben. Dabei könnte Griechenland sehr viel zu einer sicheren europäischen Energieversorgung beitragen. So wurde zum Beispiel vor der Küste Israels Erdgas gefunden, was eine Suche in griechischen Seegebieten nahe legt. Auch wäre Griechenland ein interessanter Standort für die Gewinnung nachwachsender Energieträger aus dem Meer, z.B. über die Zucht bestimmter Algen, die zu Treibstoff verarbeitet werden können. Stattdessen wurden in „Kerneuropa“ Projekte in Gang gesetzt, mit denen Sonnenenergie aus der Sahara als Elektrizität nach Deutschland geleitet werden soll. Sie soll unter anderem dafür genutzt werden, in Deutschland Bleche in Auto-Türen zu verformen. Ob es nicht sinnvoller wäre, solche Fabriken in Portugal oder auch in Marokko aufzubauen?
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Bereits explodiert: Das vierte Gesicht des Problems

Es gab noch einen vierten Aspekt bei der Inszenierung einer Rettung für Griechenland. Dieser Teil des Problems hat sich jedoch inzwischen von selbst erledigt. Es sollte unter allen Umständen die Doktrin aufrecht erhalten werden, dass Staatschulden, zumindest in Europa, risikolos seien. Regierungen in Paris, Berlin, Rom, Madrid und anderen Städten fürchteten nämlich, daß Anleger ihre Schulden, Vermögenswerte, Einnahmen und Ausgaben einmal unter die Lupe nehmen könnten. Das geschieht mittlerweile, und es ist das Ende des wunderbaren Zeitalters, in dem die Regierungen großer europäischer Staaten nur mit dem Finger schnippen mussten, um quasi unbegrenzte Finanzmittel zu mobilisieren.
Viele Wähler in Deutschland fragen sich bis heute, wo Merkel und Steinbrück die 750 Milliarden Euro versteckt hatten, die sie im Jahr 2008 innerhalb von wenigen Tagen für den sogenannten „Rettungsschirm für Banken“ mobilisiert haben. Diese Wähler wissen nicht, daß dieses Duo damals nur ein paar Zettel genommen und ein paar Zahlen darauf geschrieben habt. Merkel glaubt bis heute, damals super clever gehandelt zu haben. Aber Schäuble wischt sich ab und zu den Angstschweiß von der Stirn, wenn er daran denkt, daß ihm als Finanzminister eines Tages diese Zettel zur Einlösung der darauf gekritzelten Versprechungen präsentiert werden könnten.
Heute ist die Illusion vom Staat ohne finanzielle Grenzen gründlich geplatzt, und die Menschen wissen, dass im Zweifel auch der allergrößte Staat pleitegehen kann. Daran ändert auch die Frage nichts, ob ein Staat zur Vertuschung neue kreative Worthülsen erfindet oder die Wahrheit einfach Wahrheit sein lässt. Daher steht diese Zettel-Methode bei der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands heute nicht mehr so einfach zur Verfügung.

Schlussfolgerung
Eine Rettung für Griechenland wurde notwendig, weil sich der griechische Staat nicht zu einer funktionierende ökonomischen Strategie durchringen konnte, und auch die EU keine gemeinsame ökonomische Strategie entwickelt hat, die jedem einzelnen Mitgliedsland eine Zukunft in Wohlstand ermöglicht. Deshalb kann Griechenland aller Wahrscheinlichkeit nach seine Schulden nicht komplett zurückzahlen und wäre schon jetzt ohne Gelder von EU und IWF ein gescheiterter Staat. Andererseits liegt die Lösung nicht in einer Entschuldung Griechenlands alleine. Ob man bei einer Entschuldung an einen teilweisen Schuldenerlass oder an eine Übernahme eines Teils der Schulden durch die EU als Institution denkt, spielt keine Rolle. Eine von beiden Möglichkeiten wird unausweichlich sein, wie auch Axel Weber bestätigt. Aber keine von beiden Optionen macht Sinn, bevor es ein funktionierendes Geschäftsmodell für eine neue griechische Wirtschaft im Rahmen der EU gibt. Und ein solches Modell wird es nicht geben, bevor nicht in den EU-Rat ein Geist zurückkehrt, der nach gemeinsamen Lösungen für gemeinsame Probleme sucht. Man könnte daraus folgern, daß eine Entschuldung Griechenlands nicht vor einer Ablösung Merkels sinnvoll sein wird.